Dreschflegel e. V.
Archiv: Zur Änderung des Saatgutrechts
(Stellungnahme des Dreschflegel e.V. vom 18.9.2014 an die
EU-Kommission)
Folgende Darstellung ist keine leichte Kost, aber der zugrundeliegende Sachverhalt ist ja auch nicht gerade einfach. Wir hoffen, dass wir mit dem Abdruck unserer Stellungnahme die politische Diskussion ums Saatgutrecht bereichern und – vor allem mittels der Diagramme – zur Übersichtlichkeit beitragen.
In unserer Stellungnahme berücksichtigen wir sowohl die Belange der Saatgutabgabe seitens Erhaltungsorganisationen als auch solche von BäuerInnen und Saatguthandel. Anhand der folgenden drei Flussdiagramme werden wir kurz darlegen, was unserer Meinung nach durch das EU-Saatgutrecht geregelt werden sollte, und wie dies in sinnvoller Weise geschehen könnte.
Um unsere Erläuterungen zu vereinfachen, beziehen wir uns nur auf Saatgut von landwirtschaftlich genutzten Arten und von Gemüse, nicht auf Vermehrungsmaterial.
Die Diagramme zeigen von links nach rechts den gesamten Saatgutverkehr. Er wird durch die Vorschriften und Instrumentarien des Saatgutrechts beschränkt und geregelt, dargestellt als senkrechte Balken. Diese sind in drei Ebenen aufgeteilt: den Geltungsbereich des Rechts (blau), die Sortenzulassung (rot) und die Anforderungen an die Saatgutqualität (schwarz).
Die Hauptforderung für ein wünschenswertes Saatgutrecht, dargestellt in Diagramm 2, ist: Das vorhandene System (Diagramm 1) sollte optional werden, statt zwingend. Dies bezieht sich sowohl auf den Regelungsbereich des Rechts als auch auf die Sortenzulassung und die Anerkennung von Saatgut.
Diese Forderung wird in ähnlicher Weise von zahlreichen Nichtregierungsorganisationen unterstützt (http://www.eusaatgutrechtsreform. de). In vielen Fällen werden die Beteiligten am Saatgutmarkt für optimale Qualität des Saatgutes sorgen, ebenso wie für die Sortenqualität.
Weder die Nahrungsmittelsicherheit noch die Wirtschaftskraft des landwirtschaftlichen Sektors in der EU werden durch die geforderte Lockerung gefährdet.
Die bestehenden Saatgutrichtlinien tendieren bereits dazu, alle erdenklichen Handlungen mit Saatgut zu umfassen. Die derzeit gültige Definition des Inverkehrbringens zum Zwecke der kommerziellen Nutzung lässt jenseits des Geltungsbereichs der Richtlinien nur einen schmalen Bereich nicht gewerblicher Handlungen (Diagramm 1 oben), der von den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgelegt wird.
Es ist von größter Wichtigkeit, diesen Punkt zu klären. Dies ist in dem zurückgewiesenen Entwurf zwar geschehen, aber unglücklicherweise in einer viel zu restriktiven Form (Diagramm 3 oben).
Die Überführung des aktuellen Saatgutrechts in ein optionales System würde dieses Problem lösen. In der Vergangenheit gab es keine ernsthaften Probleme mit Saatgut von Arten, die von den EU-Saatgutrichtlinien nicht erfasst sind.
Daher besteht keinerlei Notwendigkeit, Regelungen für den Verweis auf eine Sorte und für die Anforderungen an die Saatgutqualität in diesem Bereich aufzustellen, wie es der zurückgewiesene Entwurf vorsah. Dieser Punkt des Entwurfs macht das Ansinnen deutlich, den Geltungsbereich der Verordnung auszudehnen; das Gegenteil wäre notwendig!
Das Gleiche gilt für Gemüsesorten, für die bis dato kein landeskultureller Wert geprüft wird, und für die mit Standardsaatgut ein vereinfachtes System zur Saatgutkontrolle zur Verfügung steht.
Beide, reduzierte Sorten- und Saatgutqualitätsanforderungen führen gegenwärtig nicht zu minderer Qualität im Handel. Im Gegenteil sind die Anforderungen des Marktes bei Gemüse außerordentlich hoch und werden von den ZüchterInnen und SaatguterzeugerInnen genügend erfüllt, während gleichzeitig beliebte, alte Gemüsesorten für HausgärtnerInnen immer noch erhältlich sind.
Dementsprechend sind die Erleichterungen der Sortenzulassung ohne landeskulturellen Wert und des Inverkehrbringens von Standardsaatgut für Gemüse aufrecht zu erhalten!
Da die Voraussetzung, dass Saatgut von einer zugelassenen Sorte stammen muss, ebenfalls optional werden sollte, wäre künftig sowohl Saatgut mit allen Sorten- und Saatgut-Qualitätsstandards erhältlich, wie sie gegenwärtig geregelt sind, als auch Saatgut, das nur die Saatgut-Qualitätsstandards erfüllt, sowie Saatgut ohne jede amtliche Prüfung.
Spezielle Vorschriften für Erhaltungs- und Amateursorten wären in solch einem optionalen System nicht mehr erforderlich, genauso wenig wie eine spezielle Regelung für heterogene Sorten. Die Optionalität soll jedoch nur für traditionell gezüchtete Sorten gelten. Sie soll nicht für Sorten gelten, die unter Anwendung von GVO- oder anderen molekularen Techniken gezüchtet wurden, oder die technisch nicht nachbaubar sind (z.B. Hybriden), oder die mit geistigen Eigentumsrechten belegt sind.
Solche Sorten dürften nach wie vor nur als zugelassene Sorten und als anerkanntes (oder kontrolliertes) Saatgut inverkehrgebracht werden. Um Transparenz in Bezug auf Züchtungstechniken und geistige Eigentumsrechte sicher zu stellen, müssen die genannten Sorten ergänzend zu den bestehenden Anforderungen mit einer Deklarierung der angewendeten Züchtungstechniken und/ oder der beanspruchten geistigen Eigentumsrechte versehen werden (Diagramm 2 unten rechts).