Dreschflegel e. V.
Zurück unter die Leute
Grünkohl, Zuckererbsen und Bohnen werden nun in Gärten von Erhalter*innen gepflegt, gehegt und vermehrt (Autorin: Tomma Willms)
In der ostfriesischen Region sind eine Fülle von Landsorten wie z. B. Bohnen, Grünkohl und Zuckererbsen zu Hause. Viele Menschen haben diese Saaten in früheren Zeiten züchterisch erhalten. Sie haben fortgeführt, was sie von ihren Vorfahren gelernt hatten.
Einige haben dies eher unbewusst getan. Sie bauten an, was ihnen gut schmeckte und was an ihrem Standort gut funktionierte und einfach anzubauen war. Unermüdlich.
Durch sie haben wir in Ostfriesland noch diese Vielfalt, die sich durch stetigen Anbau auch an die klimatischen Veränderungen anpassen konnte.
Mittlerweile ist die Sammlung von ostfriesischen Kulturpflanzen in Reinhards Lager auf 225 Herkünfte angewachsen.
Beispielsweise eine Zuckererbse, die laut Erzählung einer 70-Jährigen, nachverfolgbar seit etwa 1880 in Ostfriesland von ihrer Familie angebaut wurde. Ihre Oma hat die Zuckererbse schon von deren Tante übernommen – das heißt, sie ist nun schon nahezu 120 Jahre im Anbau.
Was für ein lebendiges Erbe, das wir in den Händen halten dürfen und pflegen, hegen, vermehren und weitergeben wollen! Genauso wie eine Puffbohne, die 1901 mit nach Amerika ausgewandert ist und durch einen Nachfahren dieser Familie wieder zurück nach Ostfriesland kam. Wahre Kulturschätze, die es zu bewahren, zu nutzen, zu mehren und zu teilen gilt.
Das Weitergeben von Saaten, so wie früher über den Gartenzaun hinweg, auch in der heutigen Zeit zu etablieren, ist uns wichtig.
2020 haben 200 Menschen Saaten in ihre Gärten aufgenommen, um diese anzubauen, zu genießen und zu mehren. In ihren eigenen Gärten ernten diese ErhalterInnen jetzt Saaten für die nächste Aussaat und für eine Notration.
Wer mehr Saatgut erntet, als für den Eigenbedarf nötig ist, gibt es an andere Interessierte weiter. Ebenso teilen diese ErhalterInnen ihre Erfahrungen in Küche und Garten.
Erstmalig ist im letzten Jahr in Ostfriesland deshalb eine Saatentauschbörse veranstaltet worden. Neben einführenden Vorträgen zur Saatgutthematik stand der Tausch von Saatgut untereinander im Vordergrund.
Etwa 100 Leute haben diese Möglichkeit des Erfahrungs- und Saatentausches genutzt. Das Echo war groß und der Wunsch nach Wiederholung einer solchen Veranstaltung wurde laut.
So bleibt zu hoffen, dass der Stein, den wir ins Wasser geworfen haben, viele Ringe zieht und der Tausch der ostfriesischen Kulturpflanzenvielfalt in Zukunft durch eine kreative Eigendynamik quasi wie von alleine funktionieren wird. Auf dass auch die Kinder unserer Kinder und deren Kinder die ostfriesische Kulturpflanzenvielfalt wertschätzen, nutzen und genießen können!
Einen kleinen Eindruck der Aktivitäten des Projektes hat ein Filmteam für die Reihe „naturnah“ des Norddeutschen Fernsehens eingefangen. Im Internet anzuschauen in der Mediathek des NDR.